Geerbte Immobilie selbst bewohnen?

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Sie haben eine Immobilie geerbt. Was nun? Selbst bewohnen, vermieten oder doch verkaufen? Vielen Erben fällt die Entscheidung nicht leicht. Dabei spielen die individuellen Lebensumstände, die finanziellen Ziele sowie die Marktbedingungen eine wichtige Rolle. In einem unserer früheren Beiträge sind wir bereits der Fragestellung „Vermieten oder Verkaufen“ nachgegangen, deshalb steht in diesem Blogbeitrag die dritte Option “Selbst bewohnen” im Fokus.

Zunächst stellt sich die Frage: Sind Sie Alleinerbe oder Teil einer Erbengemeinschaft? Bei letzterer erscheint es eher unwahrscheinlich, dass alle Erben gemeinsam in die Immobilie einziehen. Denkbar ist aber, dass ein Erbe die anderen ausbezahlt oder alternativ, dass das bewohnende Familienmitglied an die Gemeinschaft eine Miete entrichtet und die Immobilie auf diese Weise im Gemeinschaftsbesitz verbleibt. So oder so gilt, dass die Mitglieder der Erbengemeinschaft ihre Entscheidung nur mit der Zustimmung aller treffen können, ein Alleingang ist ausgeschlossen. Nicht vergessen sollten Sie in diesem Kontext auch die mit dem Erbe verbundenen Pflichten, wie z.B. die Pflege und Instandhaltung der Immobilie sowie die Übernahme laufender Kosten, z.B. für Versicherungen oder Grundsteuern.

Apropos Steuern! Mit dem Immobilienerbe wird auch die Erbschaftssteuer ein Thema. Die genaue Höhe hängt von den individuellen Freibeiträgen, die sich wiederum nach dem Verwandtschaftsgrad richten, ebenso ab wie von dem Immobilienwert und der Steuerklasse.

Übersicht über die Freibeträge
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner (Steuerklasse 1) 500.000 Euro
Kinder & Adoptivkinder (Steuerklasse 1) 400.000 Euro
Enkel (Steuerklasse 1 200.000 Euro
Eltern & Großeltern (Steuerklasse 1) 100.000 Euro
Andere Verwandte (Steuerklasse 2) 20.000 Euro
übrige Personen (Steuerklasse 3) 20.000 Euro

Weitere Informationen finden Sie im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, kurz ErbStG, § 16 Freibeträge.

Wie wird die Erbschaftssteuer berechnet?

Grundlage für die Berechnung der Erbschaftssteuer ist der vom Finanzamt ermittelte Verkehrswert der Immobilie. Davon wird der jeweilige Freibetrag abgezogen. Der verbleibende Betrag wird gemäß der individuellen Steuerklasse (§19 ErbStG) versteuert. Folgende Tabelle erläutert Ihnen, wieviel Prozentpunkte Sie dabei in der jeweiligen Steuerklasse einkalkulieren müssen.

Steuersätze Erbschaftssteuer
Wert des Erbes Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
bis 75.000 € 7 % 15 % 30 %
bis 300.000 € 11 % 20 % 30 %
bis 600.000 € 15 % 25 % 30 %
bis 6 Millionen € 19 % 30 % 30 %
bis 13 Millionen € 23 % 35 % 50 %
bis 26 Millionen € 27 % 40 % 50 %
über 26 Millionen € 30 % 43 % 50 %

Sie möchten Ihre Erbschaftssteuer berechnen lassen? Dann nutzen Sie zum Beispiel den Erbschaftssteuerrechner unter: www.finanztip.de/erbschaftssteuer/

Wichtiger Hinweis zum möglichen Entfall der Erbschaftssteuer:

Wohnen Sie als alleiniger Erbe mindestens 10 Jahre selbst in der Immobilie, entfällt die Erbschaftssteuer, vorausgesetzt die Immobilie ist nicht größer als 200 qm. Das Mehr an Quadratmetern oberhalb dieser Grenze wird entsprechend anteilig besteuert.

Und die Spekulationssteuer?

Die Spekulationssteuer greift bei privaten Verkaufstransaktionen und wird als Teil der Einkommenssteuer fällig. Das heißt, die Spekulationssteuer ist keine eigene Steuerform. Spekulationssteuer fällt an, wenn bei einem privaten Immobilienverkauf ein Plus erwirtschaftet wurde, welches für die Einkommensteuer ausschlaggebend ist. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle: der individuelle Steuersatz, die Differenz zwischen An- und Verkaufs-Preis, die die Wertsteigerung dokumentiert, sowie sämtliche Kosten für den Kauf oder Bau der Immobilie inklusive Nebenkosten wie Grunderwerbssteuer, Notarkosten sowie Finanzierungskosten. Die Spekulationssteuer referenziert folglich nicht auf den vollen Verkaufspreis des Immobilienerbes, sondern auf die Wertsteigerung.

Folgende Grundformel dient der Berechnung der Spekulationssteuer:

(Aktueller Verkaufspreis – ursprünglicher Kaufpreis – Maklerkosten – Notarkosten (inkl. Grundbucheintrag)) x individueller Steuersatz = Spekulationssteuer

Wann fällt die Spekulationssteuer an?

Als Erbe einer Immobilie erben Sie auch die Spekulationsfrist mit. Was bedeutet das genau? Die Spekulationsfrist für vermietete Immobilien beträgt 10 Jahre. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt des Kaufs der Immobilie durch den Erblasser, d.h. der Beurkundungstermin des ursprünglichen Kaufvertrags. Liegt dieser länger zurück, fällt auch beim Verkauf durch die Erben keine Spekulationssteuer an. Durch Eigennutzung der Immobilie kann die Spekulationsfrist zudem verkürzt werden. Das bedeutet: Wurde die Immobilie im Verkaufsjahr sowie in den zwei vorherigen Kalenderjahren zu privaten Wohnzwecken genutzt, ist der Verkauf der Immobilie spekulationssteuerfrei.

Das Immobilienerbe komplett steuerfrei verkaufen

Dafür bedarf es zwei Voraussetzungen. Erstens darf der Verkehrswert der Immobilie den jeweiligen Freibetrag eines Erben nicht überschreiten und zweitens muss der Verkauf außerhalb der Spekulationsfristen erfolgen.

Unser Tipp: Besonders bei schwierigen Erbenkonstellationen ist es in jedem Fall ratsam, einen Rechtsbeistand, ob Rechtsanwalt oder Notar, als Experte und neutrale Instanz zu konsultieren. Auch Erblasser sollten sich frühzeitig professionell beraten lassen, um durch ein Testament Konflikten zwischen den Erben vorzubeugen. So können z.B. Teilschenkungen zu Lebzeiten zu Erleichterungen im Erbfall führen.

In den meisten Konstellationen ist es hilfreich, zunächst den aktuellen Wert der Immobilie zu ermitteln. Dabei sind Ihnen unsere Immobilienexperten gerne behilflich.