Forschung trifft Architektur: Wohnräume als Wohlfühlfaktor

Unser Wentzel Dr. Blog aus den Bereichen:

Die Wohnpsychologie, ein spannendes und wachsendes Forschungsfeld, untersucht, wie unsere unmittelbaren Wohnumgebungen unser Verhalten, unsere Emotionen und unser Wohlbefinden beeinflussen. In einer Zeit, in der Stress und mentale Gesundheit zunehmend im Fokus stehen, ist die Bedeutung der Gestaltung unserer Wohnräume zentraler denn je. Dieses Forschungsfeld kombiniert Erkenntnisse aus Architektur, Stadtplanung und Psychologie, um bessere Lebensräume zu schaffen.

Schwerpunkte der Forschung

Umweltstressoren und mentale Gesundheit: Studien belegen, dass Lärm, Überfüllung und schlechte Beleuchtung signifikante Stressquellen sind. Eine umfassende Untersuchung von Gary Evans (2003) zeigte, dass Menschen in dicht besiedelten, lauten städtischen Gebieten häufiger unter chronischem Stress leiden. Dies gilt vor allem für städtische Lärmquellen wie Verkehr oder Bauprojekte, die nicht nur Stress verursachen, sondern auch Schlafstörungen und kognitive Beeinträchtigungen hervorrufen können. Maßnahmen zur Verbesserung könnten eine schallisolierte Wohnraumgestaltung, der Einsatz von dämpfenden Materialien und die Schaffung von Ruhebereichen in städtischen Zonen sein. Ein Best-Practice-Beispiel wäre der Ausbau von Grünflächen und ruhigen Wohnvierteln in Städten wie Kopenhagen, wo Lärmreduktion in der Stadtplanung priorisiert wird.

Raumgestaltung und Verhalten: Offene Wohnkonzepte fördern soziale Interaktionen, können jedoch auch negative Auswirkungen auf die Privatsphäre haben. Die Forschung zeigt, dass eine sorgfältige Planung der Raumaufteilung sowohl soziale Kontakte ermöglicht als auch Rückzugsorte schafft. Diverse Studien belegen, dass eine ausgeglichene Raumgestaltung sowohl Gemeinschaftsgefühl als auch Ruhe unterstützen kann. Hier könnten flexible Raumkonzepte helfen, bei denen durch verschiebbare Wände die Raumnutzung an individuelle Bedürfnisse angepasst wird.

Das Heim als Identitätsanker: Unser Zuhause ist mehr als nur ein Ort zum Wohnen – es ist ein Ausdruck unserer Identität und bietet emotionale Sicherheit. Eine enge emotionale Bindung an den Wohnort stärkt das psychische Wohlbefinden. Die Forschung zeigt, dass personalisierte Wohnräume, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind, wie z.B. eine bewusst gestaltete Wohnung, die sowohl Ästhetik als auch Funktionalität vereint, diese Bindung unterstützen. Ein Beispiel könnte die Initiative „Tiny Homes“ sein, bei der Menschen sich ihre eigenen, auf sie zugeschnittenen, kleinen Wohnräume schaffen.

Wohnmobilität und Stabilität: Häufige Umzüge, insbesondere in der Kindheit, wirken sich negativ auf die emotionale Stabilität aus. Kinder, die häufig ihren Wohnort wechseln, haben häufiger Schwierigkeiten, ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln, was zu langfristigen psychischen Belastungen führen kann. Forscher empfehlen stabile Wohnverhältnisse als Maßnahme zur Unterstützung der psychischen Gesundheit.

Wohntypen und ihre Auswirkungen:

Die Art der Wohnumgebung beeinflusst unser Wohlbefinden auf verschiedene Weise:

  • Städtisch vs. ländlich: Während städtische Gebiete oft mit mehr Lärm und Stress einhergehen, bieten sie gleichzeitig soziale und kulturelle Vorteile. Ländliche Gebiete hingegen fördern Ruhe, können aber soziale Isolation begünstigen. Ein Beispiel für eine gelungene Verbindung beider Welten ist das Konzept der „urbanen Dörfer“, in denen die Annehmlichkeiten des Stadtlebens mit einem ländlichen Lebensstil kombiniert werden.
  • Gemeinschaftlich vs. privat: Gemeinschaftliches Wohnen fördert den sozialen Austausch, birgt jedoch Konfliktpotenzial. Privates Wohnen bietet mehr Ruhe, kann jedoch zu Einsamkeit führen. Neue Wohnformen, wie Co-Housing-Projekte, bieten eine Lösung, indem sie individuelle Privatsphäre mit gemeinschaftlichen Räumen kombinieren.
  • Dauerhaft vs. temporär: Menschen in temporären Unterkünften, wie Flüchtlinge, erleben oft mehr psychischen Stress. Eine langfristige und sichere Wohnsituation bietet hingegen die notwendige Stabilität für mentale Erholung und persönliches Wachstum.

Folgen der Forschung

  • Design für psychische Gesundheit:
    Wohnpsychologische Erkenntnisse haben gezeigt, dass die Gestaltung von Wohnräumen einen direkten Einfluss auf unser mentales Wohlbefinden hat. Mehr Tageslicht, Grünflächen und schallgedämmte Räume tragen zu einer stressfreien Umgebung bei. Architekten könnten hier neue Materialien und Technologien einsetzen, die eine harmonische Verbindung zwischen Mensch und Natur ermöglichen.
  • Bessere Stadtplanung:
    Stadtplaner und Architekten können durch die Erkenntnisse der Wohnpsychologie Städte lebenswerter gestalten. Mehr Grünflächen, reduzierte Verkehrsbelastung und soziale Treffpunkte können zu einer höheren Lebensqualität in urbanen Räumen beitragen.
  • Lösungen für gefährdete Bevölkerungen:
    Für Menschen in temporären oder prekären Wohnsituationen, wie Flüchtlinge, könnten psychologisch fundierte Wohnkonzepte eine Verbesserung ihrer Lebensqualität darstellen. In einigen Städten wurden bereits temporäre Unterkünfte gebaut, die durch natürliche Materialien und gezielte Raumgestaltung einen menschenfreundlicheren Ansatz verfolgen.
  • Arbeiten und Leben im Einklang:
    Gerade im Zeitalter des Homeoffice zeigt die Wohnpsychologie, wie wichtig es ist, Arbeits- und Erholungsräume zu trennen. Flexible und multifunktionale Raumkonzepte, die es ermöglichen, den Arbeitsbereich vom Wohnbereich zu trennen, sind dabei entscheidend.

Mehr als nur vier Wände

Die Forschung zeigt eindrucksvoll, dass unsere Wohnumgebung viel mehr ist als nur ein Dach über dem Kopf. Durch eine kluge Gestaltung, die Umweltstressoren minimiert und das Wohlbefinden fördert, können wir gesünder und glücklicher leben. In Zukunft wird die Wohnpsychologie weiterhin wertvolle Einblicke liefern, wie unsere Wohnungen und Städte gestaltet werden können, um unser Leben positiv zu beeinflussen.