Wenn Sie eine Immobilie erben, haben Sie mehrere Optionen. Sie können die Immobilie selbst nutzen, vermieten oder verkaufen. Wie Sie sich entscheiden hängt vermutlich von Ihren finanziellen Möglichkeiten ab und Ihrer Wohnsituation ab. Außerdem kann es sein, dass Sie Erbschaftssteuer zahlen müssen.
Wer eine Immobilie erbt, geht in der Regel davon aus, davon zu profitieren, indem er in die Immobilie einzieht oder durch Verkauf oder Vermietung hohe Gewinne erzielt. Doch bevor Sie das Erbe annehmen, ist es sinnvoll, alle Vermögenswerte des Erblassers genau zu betrachten. Erben Sie von nahen Verwandten haben Sie vermutlich schon einen Überblick über die ungefähren finanziellen Verhältnisse des Verstorbenen. Doch gerade wenn das Erbe von einem entfernteren Verwandten kommt, ist es nicht die beste Idee, das Erbe blind anzunehmen. Schließlich können auch Schulden vererbt werden.
Sie haben laut Gesetz sechs Wochen Zeit, um ein Erbe anzunehmen oder auszuschlagen. Falls Sie oder der Verstorbene im Ausland leben, kann diese Frist unter Umständen verlängert werden. Die Sechswochenfrist beginnt an dem Tag, an dem Sie von dem Erbe erfahren haben. Sollten Sie innerhalb dieser Frist nicht reagieren, gilt das Erbe als angenommen.
Die sechs Wochen nach dem Erbfall sollten Sie daher nutzen, um sich ein umfangreiches Bild von den Vermögensverhältnissen des Erblassers zu machen. Gehört eine Immobilie zum Erbe ist es wichtig, den Zustand des Gebäudes zu prüfen. Sind hier größere Sanierungen notwendig, die viel Geld kosten würden und den Wert der Immobilie stark mindern? Wie weit ist das Darlehen für die Immobilie bereits abgezahlt und bestehen eventuelle Wohn- oder Wegerechte von Dritten, die das Vermieten oder Verkaufen der Immobilie erschweren?
„Haben Sie ein Mehrfamilienhaus oder eine vermietete Immobilie geerbt, ist es außerdem wichtig zu prüfen, ob die Unterhaltung der Immobilie sich rentiert“, sagt Ron Westphal, der Erb-Experte von Wentzel Dr. Bei einem Mehrfamilienhaus sollten Sie daher prüfen, ob alle Wohnungen vermietet sind, wie hoch die Unterhaltungskosten sind und ob die Mietzahlungen diese decken.
Doch nicht nur die Immobilie selbst ist ein wichtiger Teil des Erbes, den Sie sich genauer ansehen müssen. Auch die Bankkonten des Verstorbenen sind wichtig sowie mögliche Investitionen in Aktien oder Fonds. Prüfen Sie außerdem unbedingt, ob der Erblasser vielleicht Schulden hat oder Bürgschaften übernommen hat. Als Erbe gehen auch diese Außenstände an Sie über.
Die Zusammenführung und Prüfung kann sehr zeitfressend und unübersichtlich sein. In einem solchen Fall ist es möglich, eine sogenannte Nachlasspflegschaft beim Nachlassgericht zu beantragen. Dieses Recht haben nicht nur Sie und Ihre Miterben, sondern auch Gläubiger, denen der Verstorbene etwas schuldet. Durch die Nachlasspflegeschaft wird auch gewehrleistet, dass ihr eigenes Vermögen von dem des Erblassers getrennt behandelt wird. Zeigt sich nach Annahme des Erbes wider Erwarten, dass der Verstorbene viele Schulden hinterlassen hat, wird Ihre Haftung damit begrenzt.
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Wollen Sie eine geerbte Immobilie selbst nutzen, sind vor allem drei Dinge entscheidend: Sind Sie der Alleinerbe? Müssen Sie Erbschaftsteuer zahlen und in welchem Zustand befindet sich die Immobilie? Denn davon hängt ab, ob sich eine Selbstnutzung lohnt oder Sie sich hierdurch am Ende noch verschulden.
Wenn Sie als Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner eine Immobilie geerbt haben und die Immobilie noch weitere zehn Jahre zu Wohnzwecken nutzen, sind Sie von der Erbschaftssteuer befreit. Auch für Kinder gelten ähnlich milde Regelungen. Lesen Sie dazu unseren Artikel zum Thema Erbschaftsteuer. Liegt keine Erbschaftsteuerbefreiung vor, müssen Sie sich genau überlegen, ob Sie sich den Einzug in die geerbte Immobilie leisten können. Denn je nach Immobilienwert und persönlichem Steuersatz kann die Steuer mehrere 10.000 Euro betragen. Oftmals können Erben sich diesen Betrag nur leisten, indem Sie die Immobilie verkaufen.
Weiterhin ist zu klären, ob Sie Alleinerbe oder Teil einer Erbengemeinschaft sind. In diesem Fall müssen Sie die restlichen Erben auszahlen oder einen Mietvertrag mit den anderen Erben aufsetzen, in dem Sie monatliche Zahlungen vereinbaren. „In beiden Fällen ist der Wert der Immobilie entscheidend. Diesen sollten Sie von einem Experten berechnen lassen, um zu wissen, wie viel Sie Ihren Miterben zahlen müssen“, sagt Ron Westphal, der Erb-Experte von Wentzel Dr. Wichtig ist außerdem zu klären, ob die Immobilie noch mit einer Hypothek belastet ist, die Sie weiterhin abbezahlen müssen.
Häufig müssen Erben auch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen einplanen, um die Immobilie selbst nutzen zu können. Älteren Menschen fehlt in ihren letzten Lebensjahren häufig die Kraft oder Motivation, sich um Modernisierungen oder anfallende Reparaturen zu kümmern. Veraltete Heizanlagen und dringend sanierungsbedürftige Dächer sind bei Erbimmobilien daher keine Seltenheit. Prüfen Sie also vorher, ob Sie sich diese Maßnahmen leisten können, denn nicht selten fallen auch hier mehrere 10.000 Euro an Sanierungskosten an.
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Ihre Erbimmobilie zu verkaufen kann Ihnen auf einen Schlag eine Menge Geld bringen. Außerdem geben Sie die Verantwortung hierfür komplett ab. Was ist jedoch, wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt in Ihr Haus ziehen möchte? Dann könnten Sie es auch zeitweise vermieten und eine hohe Rendite erzielen. Allerdings kann es auch ermüdend sein, eine Mietimmobilie zu verwalten. Wir erklären, welche Fragen Sie abwägen müssen.
Manchmal ist es schön, ein wenig Verantwortung abzugeben – das gilt auch für Ihr geerbtes Haus. Wenn Sie dieses verkaufen, müssen Sie sich nicht mehr um die Instandhaltung kümmern. Sollte ein Rohr brechen und den Keller fluten, haben Sie nichts damit zu tun. Als Vermieter müssen Sie sich allerdings solcher Dinge annehmen, außer Sie haben einen Verwalter engagiert, der Ihnen die Arbeit abnimmt.
„Für den Verkauf spricht zusätzlich die große Geldsumme, die Sie für Ihre Immobilie erhalten und mit der Sie die Erbschaftsteuer finanzieren können“, sagt Ron Westphal, der Experte für Erbimmobilien von Wentzel Dr.
Da sich der Immobilienmarkt regelmäßig ändert, können Sie Ihre Erbimmobilie auch erstmal vermieten und auf einen besseren Zeitpunkt für den Verkauf warten. Dabei müssen Sie sich jedoch überlegen, ob sich der Aufwand lohnt und ob Sie den Gewinn wirklich steigern können. In so einem Fall lohnt es sich, mit einem Immobilienexperten über den Wert Ihres Objekts und über die aktuelle Marktlage zu sprechen.
Wenn Sie jedoch zu einem späteren Zeitpunkt in die Immobilie einziehen möchten oder eines Ihrer Kinder das vorhat, ist es natürlich sinnvoller, diese erstmal zu vermieten.
Wie Sie sehen, ist die Entscheidung sehr individuell. Bevor Sie Ihre übers Knie brechen, können Sie Ihr Haus auch erstmal vermieten und sich überlegen, wie Sie in ein paar Jahren vorgehen möchten.
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